Adaptive Lernsoftware oder adaptierende Lehrkräfte?Das Ringen um Handlungsspielräume
Zu finden in: Die datafizierte Schule (Seite 131 bis 160), 2023
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Zusammenfassungen
Viele Hoffnungen, aber auch Kritik richten sich auf und an neue kommerzielle Akteure im Schulsystem. Was Anbieter von Software für den Unterricht konzipiert haben, tritt oftmals in eine Spannung zu dem, wie Lehrkräfte die Software einsetzen wollen. Der Beitrag lässt nun die Anbieter einer bestimmten Software, hier: System|X und Lehrkräfte, die diese in ihrem Unterricht verwenden, in der Analyse aufeinandertreffen. Durch die Relationierung von Aussagen zu den drei Aspekten der Leistungsdifferenzierung, Fehlertoleranz und Belohnung zeigt sich ein Ringen um den jeweiligen Handlungsspielraum. In den Interviews deutet sich an, wie die Ziele der Anbieter durch den Einsatz im kontextspezifischen Unterricht weitgehend adaptiert werden. Diese Adaption geschieht durch die Orientierung der Anbieter an der eigenständigen Nutzung durch Schüler*innen, die aber herausgefordert wird durch die Einbettung der Lernsoftware in das soziale, materielle, körperliche, sprachliche und symbolische Gefüge des Unterrichts. Lehrkräfte und Anbieter ringen um die Möglichkeit, im Unterricht vermitteln zu können. Insgesamt identifiziert der Beitrag eine „vermittelte Vermittlung“, in der die Software vermittelt, wie die Lehrkräfte vermitteln können und die Lehrkräfte vermitteln, wie die Software vermitteln kann. Sowohl Lernsoftware als auch Lehrkräfte zeigen sich in einem bestimmten Sinne als adaptiv bzw. adaptierend. Schule und Unterricht werden, so die Implikation, neu konfiguriert, wenn diese vermittelte Vermittlung zu neuen Entscheidungen in der Alltagspraxis führt.
Von Felicitas Macgilchrist, Sieglinde Jornitz, Ben Mayer, Jasmin Troeger im Buch Die datafizierte Schule (2023) im Text Adaptive Lernsoftware oder adaptierende Lehrkräfte? Oft als Dichotomie von guter/schlechter oder pädagogisch-didaktisch nicht/sinnvoller Software gedacht, erweist sich das Zusammenspiel von intendierter und unterrichtlicher Nutzung jedoch in der Praxis von Softwareproduktion und -anwendung wesentlich komplexer und durchaus ambivalent, wie Felicitas Macgilchrist, Sieglinde Jornitz, Ben Mayer und Jasmin Troeger in ihrem Beitrag Kap. „Adaptive Lernsoftware oder adaptierende Lehrkräfte? Das Ringen um Handlungsspielräume“ diskutieren. Sie schließen dabei an Forschungen an, die die Versprechen und Verfasstheit von Lernsoftware kritisch beleuchten und ergänzen diese durch Perspektiven schulischer Akteur*innen und Softwareentwickler. Indem sie die aus Leitfadeninterviews mit Praktiker*innen der Softwareproduktion und schulischen Anwendung gewonnenen Einschätzungen adaptiver Lernsoftware miteinander verschränken, arbeiten die Autor*innen Ambivalenzen heraus und hinterfragen Annahmen von „guter“ und „schlechter“ Software. Anhand der Aspekte Leistungsdifferenzierung, Fehlertoleranz und Belohnung zeigen die Autor*innen ein Ringen um Handlungsspielräume.
Datafizierte Gesellschaft | Bildung | Schule
Ziel des Beitrags ist es, die kritische Forschungsliteratur – die die Lernsoftware als „Produkt“ und die Versprechen der Werbematerialien intensiv analysiert – durch Perspektiven aus der Praxis der Lehrkräfte und der Softwareentwickler zu ergänzen. Durch ihre verschränkende Perspektive zielen sie zudem darauf, zum einen die postulierte Wirkkraft einzelner Lernsoftwareprodukte zu hinterfragen und in einen anwendungs- und entwicklungsbezogenen Kontext zu stellen. Sie verweisen auf die Unübersichtlichkeit, die für die Verwendung von Technologie in Lernkontexten konstitutiv ist (Allert und Richter 2020; Law 2004). Zum anderen arbeiten Felicitas Macgilchrist, Sieglinde Jornitz, Ben Mayer und Jasmin Troeger Spannungen heraus, die sich aus der von Produzierenden intendierten oder antizipierten Anwendung zur Förderung einzelner Schüler*innen und der Praxis des sozialen Miteinanders, beispielsweise in Gruppenarbeiten im Unterricht, entfalten. In ihren Analysen wird deutlich, dass die Einschätzung des Möglichkeitsraums von Softwareproduktion und ihrer Anwendung stark durch die Position und Einstellung des Bewertenden gerahmt ist. Lehrende, so können die Autor*innen mit ihrem Beitrag zeigen, sind weder einseitig überfordert mit der Nutzung datengetriebener Technologien, noch sind sie ausnahmslos kritisch oder euphorisch in Bezug auf deren Anwendungspotenzial für schulisches Lehren und Lernen. Vielmehr wird im Beitrag ein Bild von „adaptierenden Lehrenden“ sichtbar, die reflektiert und versiert eine adaptive Lernsoftware an die Bedarfe ihrer Schüler*innen anpassen. Gleichzeitig verkompliziert der Beitrag ein Bild von „schädlicher“ oder „völlig autonom funktionierender“ adaptiver Software, die sich – anders als bestimmte Lehrwerke – der Aufgabe stellt, schulform-, jahrgangs- und klassenübergreifendes selbstständiges Lernen zu ermöglichen.
Von Andreas Breiter, Annekatrin Bock im Buch Die datafizierte Schule (2023) im Text Datafizierte Gesellschaft | Bildung | Schule Dieser wissenschaftliche Zeitschriftenartikel erwähnt ...
Personen KB IB clear | Siân Bayne , BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung , Larry Cuban , Philipp Deny , Sieglinde Jornitz , Jeremy Knox , Sybille Krämer , Kultusministerkonferenz , Ingo Leipner , Gerald Lembke , Felicitas Macgilchrist , Marvin Priedigkeit , Neil Selwyn , Jasmin Troeger , Audrey Watters , Andreas Weich , Ben Williamson | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Begriffe KB IB clear | Bildungeducation (Bildung) , Datendata , Fehlererror , Gruppenarbeitgroup work , Lernenlearning , Lernsoftware , Schuleschool , Softwaresoftware | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Nicht erwähnte Begriffe | Digitalisierung, Kinder, LehrerIn, Schweiz, Unterricht |
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- Jahrbuch Medienpädagogik 21 (Claudia de Witt, Sandra Hofhues, Mandy Schiefner, Valentin Dander, Nina Grünberger) (2024)
- Raus aus dem ‹Loop›! - Mögliche Zukünfte für Medienbildung with(out) KI (Annekatrin Bock, Valentin Dander, Franco Rau)
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Beat hat Dieser wissenschaftliche Zeitschriftenartikel während seiner Zeit am Institut für Medien und Schule (IMS) ins Biblionetz aufgenommen. Beat besitzt kein physisches, aber ein digitales Exemplar. Eine digitale Version ist auf dem Internet verfügbar (s.o.). Es gibt bisher nur wenige Objekte im Biblionetz, die dieses Werk zitieren. Beat selbst sagt, er habe dieses Dokument gelesen.