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Faschismus

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Mal ganz davon abgesehen, dass die meisten Populisten gar nicht glauben würden, dass sie an die Macht kommen. Sie siegten oft nur aus Zufall. Brexit? Pech. Trump? Sowieso. »Als würden die Rechten die ganze Zeit nur ihre Ängste daten, und eines Tages sind sie mit ihnen verheiratet.« Das Paradoxe sei, glaubt Krastev, dass die Faschisten ahnten, die andere Seite könnte vielleicht doch recht haben. Was die größte aller Ängste ist.
Von Lothar Gorris, Tobias Rapp im Text Die heimlichen Hitler (2024)
Faschismus, das ist die größte Pistole im Waffenschrank des demokratischen Diskurses. Die letzte Karte, sagt der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller, die man ziehen könne, um die Leute aufzuwecken und zu warnen. Als Kategorie, die versucht, die politischen Erscheinungen unserer Zeit in den Griff zu bekommen, tauge sie aber nicht. Das, was den ein oder anderen an den Faschismus erinnere, sei in Wirklichkeit rechtsextremer Populismus. Und der sei mit dem »F-Wort« falsch beschrieben. So falsch, dass es Leute möglicherweise weniger mobilisiere, weil die Gleichsetzung mit den Dreißigerjahren unplausibel und alarmistisch erscheine.
Von Lothar Gorris, Tobias Rapp im Text Die heimlichen Hitler (2024)
Krastev sagt, er habe lange gesucht nach einer Metapher für unsere Zeit. Er fand sie in Milan Kunderas Roman »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins«, natürlich ein osteuropäischer Autor. Europa, sagt Krastev, habe einen Vertigo-Moment. Vertigo, das meint eigentlich Höhenangst, Höhenschwindel, die Angst vor dem Sturz in die Tiefe. Kundera definiert Vertigo anders: Es sei die Leere unter uns, die uns lockt und verführt, wir wollen fallen und wehren uns verzweifelt dagegen. Es gebe, sagt Krastev, diesen Wunsch der Rechten, dass endlich Schluss sei mit allem, mit Europa, dass sich alles grundsätzlich ändern müsse. Der Faschismus des vergangenen Jahrhunderts hatte eine Agenda und ein Versprechen: Mussolini den italienisch-imperialen Futurismus, Hitler die Ausmerzung des Fremden. Die neuen Parteien hätten das nicht. Es sei nur eine suizidale Fantasie.
Von Lothar Gorris, Tobias Rapp im Text Die heimlichen Hitler (2024)

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